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Warum der metronom den BuRa-LfTV nicht akzeptiert

02.07.11 (Niedersachsen) Autor:Jürgen Eikelberg

Am Vormittag des gestrigen Freitag, 1. Juli 2011, 10:30 Uhr hatte die Metronom Eisenbahngesellschaft zu einer Pressekonferenz zu den verhärteten Fronten zwischen der Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) und des Metronom eingeladen. Die Pressekonferenz fand am gleichen Tag um 16:45 Uhr anlässlich der Eröffnung des neuen Service-Centers in Stade statt. In dieser Einladung zur Pressekonferenz wurde auch darauf hingewiesen, das der Bundesrahmen-Tarifvertrag und der Betreiberwechsel-Tarifvertrag auf den Internetseite www.der-metronom.de für Interessierte zur Verfügung stehe. Die Seite des Metronom war allerdings seit dem 1. Juli 2011 ab ca. 12:30 Uhr nicht mehr zu erreichen (wir berichteten darüber).

Heinrich Strößenreuther, technischer Geschäftsführer erläuterte bereits am 30. Juni in einem Pressehintergrundgespräch, warum die Unterzeichnung des Bundesrahmen-Tarifvertrags (BuRa-LfTV) zur Gleichschaltung der Personalkosten und damit zu einem Ende des Wettbewerbs im Nahverkehr führt.

Wenig bekannt sei, dass der Betreiberwechsel-Tarifvertrag den Metronom-Lokführern im Falle einer Streckenübernahme durch die Deutsche Bahn AG keinerlei Arbeitsplatzsicherheit böte. Denn laut § 2 (7) dieses Vertrages gingen tarifliche Regelungen zum Schutz von Arbeitnehmern eines Unternehmens oder Konzerns den im Betreiberwechsel-Tarifvertrag geregelten Ansprüchen vor. Das hieße im Klartext: DB-Mitarbeiter hätten Vorrang bei der Besetzung offener Stellen, externe Bewerber das Nachsehen. Beide Tarifverträge würden dazu führen, dass Metronom keine Ausschreibungen mehr gewänne – und die Bahn in absehbarer Zeit alle Strecken wieder betreibt. Das könne die Metronom nicht unterschreiben, böte aber an, weiter über Ihr einseitiges Angebot zur Erhöhung der Löhne zu verhandeln. Darauf sei die GDL bislang nicht eingegangen.

Schließt die GDL die Augen vor dem Monopolisten Deutsche Bahn?

Nach Einschätzung des Metronom verschließt die GDL die Augen vor dem Monopolisten Deutsche Bahn AG. Etwa 64 Prozent der Kosten überweise der Metronom an die Konzerntöchter Netz, Station &Service und DB Energie. Obwohl die GDL in einer Präambel eine Bevorzugung des Wettbewerbers DB Regio durch eine Konzernverrechnung ausgeschlossen haben will, sei dazu bisher nichts getan worden.

Könnte man der GDL berechtigterweise unterstellen, die Deutsche Bahn AG auf Kosten der Arbeitsplätze der Metronom-Mitarbeiter zu protegieren?

Durch den Betreiberwechsel-Tarifvertrag würde die Deutsche Bahn (und ihre Lokführer) auf Kosten der Metronom-Mitarbeiter bevorzugt. Im Vorfeld habe sie die Verträge Wort für Wort mit der Bahn verhandelt. Diese Handschrift lese man in sehr vielen Bereichen. Die Belange der Wettbewerber seien hier nicht berücksichtigt.

Zementiert ein bedingungsloses Unterschreiben der BuRa-LfTV und des Betreiberwechsel-Tarifvertrages von vornherein das zukünftige Personalkosten-Diktat der Bahn?

Das bedingungslose Unterschreiben der von der GDL vorgelegten Verträge zementiere das Monopol der Deutschen Bahn AG und deren Personalkosten-Diktat. Die Deutsche Bahn AG ist mit ihren Regionalgesellschaften größter Anbieter im SPNV, sie hat einen Marktanteil von ca. 80 Prozent. Wenn ein zukünftiger Tarifabschluss mit der DB AG erstritten sei, müssten sich alle Eisenbahngesellschaften daran halten. Doch nur die GDL kenne alle Haustarifverträge und bestimme darüber über den Wettbewerb. Im Prinzip regele danach also die GDL den Wettbewerb im Nahverkehr, und nicht die Qualität und die Leistungen am Kunden.

Soll die DB lieber ihre hohen Personalkosten in den Griff bekommen, als den Wettbewerber hohe Personalkosten zu diktieren?

Der Anstieg der Personalkosten bedeute für die Steuerzahler, weniger Nahverkehrsleistungen finanzieren zu können. Die Bahn melke den Steuerzahler seit Jahren durch zunehmende Infrastrukturentgelte. Das reduziere die Kaufkraft für die Landesverkehrsminister, der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs komme weniger voran. Und im Fernverkehr könnte die Bahn mit geringeren Personalkosten ihre Ticketpreise senken.

Muss man fairerweise den Haustarifvertrag gleichzeitig mitverhandeln?

Eigentlich müsse man den Haustarifvertrag gleichzeitig verhandeln – so der Metoronom, denn der BuRa-LfTV enthalte zwanzig Verweise auf weiterführende Regelungen im Haustarifvertrag. Genau das fordere aber die GDL. Niemand würde einen Mietvertrag unterschreiben, bei dem die Kaltmiete im Blanko-Anhang nachträglich festgelegt würde. Genau das fordere aber die GDL mit ihrer Vorbedingung für Verhandlungen, zuerst den BuRa-LfTV und den Betreiberwechsel-TV zu unterschreiben. Erst dann würde sie den Haustarifvertrag verhandeln. Auch die Frage, ob eigene (günstigere) Tarifverträge beibehalten werden können, wurden von der GDL unter Verweis auf § 1 (4) des BuRa-LfTV abgelehnt.

Kann der Metronom mit dem eigenen Tarifvertrag effektiver planen?

Mit dem geltenden Haustarifvertrag könne die Metronom Eisenbahngesellschaft, der über Jahre entstanden und verbessert worden sei, einen effektiveren Personaleinsatz planen. So seien weniger Lokführer-Einsatzstunden pro Fahrplanstunde möglich und damit ließen sich Ausschreibungen gewinnen. Ebenfalls ermögliche die Bezahlung der Arbeitsunterbrechnungen, für die keine Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden, die sinnvolle Nutzung von Lücken, z. B. für die Grobreinigung der Züge oder sonstige Servicedienstleistungen für unsere Kunden bei einer Zugwende. Einheitlich werden 500 m Weg zum Fahrzeug angesetzt, die Unternehmensbekleidung ist vorab anzuziehen – auch das reduziere den Personalaufwand.

Warum will der Metronom weiter effektiv planen können?

Effektivere Planung erlaube dem Metronom höhere Löhne zu zahlen (Annmerkung der Redaktion: als bei der DB AG). Am Ende entschieden die gesamten Personalkosten über die Wettbewerbsfähigkeit. Könne der Metronom nicht effektiv planen, müsse er die Löhne senken.

Warum will der Metronom höhere Monatslöhne als die Bahn zahlen?

Der Metronom wolle hohe Löhne zahlen, dies schaffe hochmotivierte Mitarbeiter. Damit sei der Metronom sehr gut gefahren, wie die Kunden dies bescheinigen. Hohe Löhne seien attraktiv, wenn offene Stellen zu besetzen seien und neue Mitarbeiter würden das bestätigen. Dafür würden sie auch mal eine Extra-Meile für die Kunden gehen. Und das will der Metronom und das bezahlen sie.

Warum will der Metronom zwei Urlaubstage mehr gewähren?

Für die gute Leistung und die Flexibilität gewährt Metronom zwei Urlaubstage mehr. Auch das wolle die Firma erhalten.

Soll der Metronom die ganzen Sonderzulagen der Bahn übernehmen?

Neben dem Grundgehalt beziehen die Lokführer bei der DB AG Sonderzulagen. Auch das ist im BuRa-LfTV geregelt. Diese Sonderzulagen erfordern aber eine komplizierte Zulagen-Verwaltung. Der Metronom möchte lieber gute Personal-Planer als gute Personalkosten-Buchhalter. Gleichzeitig sei der Metronom davon überzeugt, dass junge Lokführerinnen und Lokführer in jungen Jahren mehr Geld als in späteren Berufsjahren benötigen. Die Lebenshaltungskosten eine jungen Familie sind höher, als in Familien, deren Kinder bereits aus dem Haus sind. Deshalb gäbe es schneller höhere Monatslöhne.

Sollen Hauptschüler auch weiterhin Lokführer werden können?

Der Metronom habe sehr gute Erfahrungen mit Hauptschülern gemacht und werde auch weiterhin nicht ein Zehntel seiner Mitarbeiter diskriminieren wollen. Auch deshalb lehne er die Forderung gemäß § 2 (3) und Anlage 3 des BuRa-LfTV ab, der vorzugsweise den Abschluss der Mittleren Reife fordert.

Kann sich ein kleines Unternehmen Mitarbeiter leisten, die nicht mehr voll oder nur auf ungeeigneten Arbeitsplätzen arbeiten können?

Die Weiterbeschäftigung von Mitarbeitern, die nicht fachgerecht eingesetzt werden können, mache sich prozentual sehr schnell bemerkbar und es vermindere die Chancen, sich im Wettbewerb zu behaupten.

Ist einem kleinen Unternehmen ein Tarifvertrag zuzumuten, der die Personalprobleme von Konkurrenten löst?

Der Metronom sagt nein. Jeder solle vor seiner eigenen Türe kehren. Monopolisten hätten dafür andere Vorteile, die sie aktiv nutzten. Sie sollen daher auch ihre Personalprobleme selber lösen.

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