Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

Das Problem mit den Risiken

28.03.24 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Der Verkehrsminister ist allgegenwärtig, wenn es darum geht, den SPNV im Nordwesten der Republik zu „dekarbonisieren“. Dann wollen wir im Interesse der Fahrgäste mal hoffen, dass alles so klappt, wie man es sich vorgestellt. Sehen wir etwas weiter südlich nach Hessen, da haben wir ein ähnliches Projekt. Im Taunusnetz sollten zwar keine Batteriezüge fahren, dafür jedoch Wasserstoffzüge. Ergebnis: Eine einzige Katastrophe.

Der Fahrgastverband Pro Bahn spricht von einem Fehlstart und einem Rohrkrepierer, die Züge sind regelmäßig nicht einsatzfähig und für die Fahrgäste ergeben sich unzumutbare Situationen. 49-Euro-Ticket hin oder her, aber wer das im Berufsverkehr erlebt, wechselt in dem Moment zum Auto, in dem ihm eins zur Verfügung steht. Zurückbleiben diejenigen, die aus welchen Gründen auch immer auf die Schiene angewiesen sind und die keine Alternative haben. Bemerkenswert ist in Hessen jedoch, dass die Politik den RMV in der Öffentlichkeitsarbeit weitgehend im Regen stehen lässt.

Weder der jetzige Verkehrsminister Kaweh Mansoori (SPD) noch sein Amtsvorgänger Tarek Al-Wazir (Grüne) scheinen öffentlich mit den katastrophalen Entwicklungen im Taunusnetz assoziiert werden zu wollen. Die reichweitenstarken hessischen Medien fordern diese politischen Stellungnahmen auch nicht ein, obwohl sie als vierte Gewalt eigentlich genau dafür zuständig wären. Auch in Niedersachsen muss man davon ausgehen, dass wenn irgendetwas an der vielgepriesenen Dekarbonisierung nicht klappt, die beiden Aufgabenträger alleine im Regen stehen werden.

Dabei hat man eine ganze Reihe an Risiken, die mit Technologien einhergehen, die zwar auf dem Papier existieren, jedoch in der Praxis nicht erprobt sind. Bei einem Akkutriebzug weiß niemand, ob so ein Akku wirklich über dreißig Jahre hält und falls ja, ob er auch seine Leistungsfähigkeit beibehalten wird. Wir alle wissen, dass eine Autobatterie nach ein paar Jahren ersetzt werden muss – oft im Winter, wenn der erste Schnee gefallen ist. Doch was passiert, wenn so ein Akkuzug im Laufe eines Betriebstages regelmäßig stehenbleibt, weil die Akkuleistung im den Jahren nachlässt und die Nachladekapazitäten nicht mehr reichen?

Wer ist überhaupt für die Anschaffung eines neuen Akkus zuständig und wer entscheidet, dass jetzt ein Tausch fällig ist? Der Hersteller? Der Aufgabenträger? Wird man sich womöglich über Monate oder gar Jahre vor Gericht rumstreiten müssen, eben weil es Streitigkeiten gibt? Und welche finanziellen Folgen hat das ganze für ein Eisenbahnverkehrsunternehmen, dessen Züge dann regelmäßig nicht fahren können? Drohen auch hier finanzielle Risiken, die bis in die Insolvenz führen können?

Und was macht es mit dem Ruf des Verkehrsträgers Eisenbahn, wenn es hier längerfristige Probleme gibt, wie sie in Hessen bereits vorhanden sind, weil irgendeine Hokuspokustechnologie zwar auf dem Papier funktioniert, aber das noch nichts über den jahrzehntelangen Alltag aussagt?! Wir alle wollen eine starke Eisenbahn, aber dazu gehört auch eine vernünftige Risikobewertung.

Siehe auch: Siebzig Batteriezüge für Niedersachsen
Foto: Deutsche Bahn AG / Volker Emersleben

Kommentare sind geschlossen.