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Offener Brief der Privatbahnchefs an GDL-Chef Weselsky

03.04.11 (Allgemein) Autor:Jürgen Eikelberg

Die Geschäftsführer zahlreicher Privatbahnen haben einen offenen Brief an den GDL-Vorsitzenden Claus Weselsky geschrieben. Sie fordern ihn auf, die Streiks zu beenden und an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Sehr geehrter Herr Weselsky,

zum wiederholten Male hat Ihre Gewerkschaft die privaten Konkurrenten der Deutschen Bahn AG bestreikt, um über die Beeinträchtigung unserer Fahrgäste Druck auf die Unternehmen auszuüben. Die privaten Bahnunternehmen haben der GDL ihre Verhandlungsbereitschaft mehrfach signalisiert. Ihre Reaktion erfolgte entweder überhaupt nicht oder mit einer Bausch-und-Bogen-Ablehnung, in der Sie alle Vorschläge als substanzlos abwerten. Statt im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Unternehmen eine Lösung am Verhandlungstisch zu suchen, kennen Sie nur Streik.

Offensichtlich geht es bei Ihnen nicht um Verhandlungen, sondern um ein politisches Machtspiel. Sie haben nur ein Ziel – den Bundesrahmen-Lokomotivführer-Tarifvertrag und über diesen Weg den Alleinvertretungsanspruch der GDL für die gesamte Berufsgruppe der Lokomotiv- und Triebfahrzeugführer. Diese Strategie wird auch an dem Verhalten der GDL in den letzten Monaten deutlich:

  • Die GDL hat von vornherein gemeinsame Verhandlungen mit der Deutschen Bahn, den Privatbahnen und der EVG abgelehnt.
  • Die GDL hat in den getrennten Verhandlungen jeden Kompromiss von vornherein kategorisch abgelehnt.
  • Die GDL hat sich der Schlichtung – trotz wiederholter Aufforderung durch den Schlichter und die anderen Tarifvertragsparteien – entzogen.
  • Die Strategie der GDL besteht darin – und dies nicht zum ersten Mal –, einen Tarifabschluss mit der anderen größeren Gewerkschaft abzuwarten, um die Ergebnisse zu toppen und dadurch sich als „bessere“ Gewerkschaft darzustellen.

Der von Ihnen ohne jegliche Kompromisslinie geforderte BuRa-LfTV für alle privaten Bahnen bedeutet eine zwangsweise Einbeziehung aller Triebfahrzeugführer in den Machtbereich der GDL und damit die Abschaffung der – von Ihnen selbst immer wieder vehement geforderten – Tarifautonomie und einen Angriff auf die grundgesetzlich geschützte Koalitionsfreiheit. Für unsere mittelständisch operierenden Unternehmen bedeutet eine Zustimmung von unserer Seite die Spaltung unserer Belegschaft in zwei Klassen. Einer solchen Spaltung werden wir nicht zustimmen.

Das Überstülpen aller Regelungen, die beim ehemaligen Monopolisten der DB AG gelten und aus der Zeit der Beamtenbundesbahn stammen, ist nicht nur realitätsfern. Sie sind ein Angriff auf die heutigen Angebotsleistungen des Schienenpersonennahverkehrs und damit auf die Arbeitsplätze gerade in strukturschwachen Regionen. Mit dem Beharren auf Ihren Forderungen gefährden Sie die Erfolge des Wettbewerbs für Fahrgäste, Steuerzahler und Mitarbeiter in dieser Branche. Und sei dem der Branchentarifvertrag SPNV mit der EVG abgeschlossen ist, der eine Angleichung der Entgelte in allen Unternehmen auf mindestens 93,75 Prozent des Niveaus im DB-Konzern vorsieht, trägt auch Ihre Drohkulisse eines Wettbewerbs auf dem Rücken der Belegschaft nicht mehr, sondern wird zur populistischen Plattitüde.

Sehr geehrter Herr Weselsky, wir fordern Sie auf, die Interessen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ihre politischen Machtspiele zu stellen und mit den Unternehmen, die jetzt erneut auf Sie zugehen werden, eine Lösung zu suchen. Mit Befremden haben wir auch zur Kenntnis genommen, dass die GDL massiv Druck auf unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausübt, um sie zu einer Streikbeteiligung zu „verpflichten“. Wir fordern Sie auf, es uns gleich zu tun und die Belegschaften frei entscheiden zu lassen, ob sie an Arbeitskampfmaßnahmen teilnehmen wollen.

Unterzeichner:

  • Dr. Klaus Franke, AKN Eisenbahn AG
  • Ronald R. F. Lünser, Abellio Rail NRW GmbH
  • Andreas Ortz, cantus Verkehrsgesellschaft mbH
  • Veit Salzmann, HLB Basis AG, HLB Hessenbahn GmbH
  • Hans Joachim Disch, Hohenzollersche Landesbahn AG
  • Hans Leister, Keolis Deutschland GmbH
  • Wolfgang Birlin, metronom Eisenbahngesellschaft
  • Andreas Winter, Nord-Ostsee-Bahn GmbH
  • Bernd Wölfel, ODEG Ostdeutsche Eisenbahn GmbH, Prignitzer Eisenbahn NRW
  • Peter Runge, vectus Verkehrsgesellschaft mbH
  • Andreas Putzer, Veolia Verkehr Sachsen-Anhalt GmbH
  • Gerhard Knöbel, Vogtlandbahn GmbH
  • Rainer Blüm, Westfalenbahn GmbH

Der Brief ist als leicht druckbare PDF-Version verfügbar.

Offener Brief an den GDL-Vorsitzenden

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