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S-Bahn Rhein-Ruhr: Ein Jahr neues Linienkonzept

15.12.10 (Allgemein) Autor:Jürgen Eikelberg

Vor etwas mehr als einem Jahr, am 13. Dezember 2009, wurde das neue Verkehrskonzept der S-Bahn Rhein-Ruhr eingeführt. Die S 7 wurde aufgehoben und durch veränderte Linienführungen bei S 1 und S 11 ersetzt. Die HVZ-Leistungen der S 6 und S 11 wurden aufgegeben, dafür gibt es die neue Linie S 68, die nur zu Stoßzeigen fährt. Mittlerweile sind alle neu bestellten Triebzüge vom Typ ET 422 ausgeliefert.

Die Entzerrung des Düsseldorfer Hauptbahnhofes war dabei die wichtigste Maßnahme. Dieser war der bis dato größte Verspätungsherd in S-Bahnnetz am Niederrhein. Die alte S 1 musste zum Wenden immer in die Wendeanlage fahren, die sich Richtung Friedrichstadt befindet – Fahrstraßenkonflikte mit S 8, S 11 und S 28 waren an der Tagesordnung. Dadurch dass die neue S 1 bis Solingen weiterfährt, ist dieses Problem gelöst. Dadurch endet keine einzige S-Bahn mehr im Düsseldorfer Hauptbahnhof, was den Betrieb insgesamt flüssiger macht.

Das neue Konzept hat aber, insbesondere im Ruhrgebiet, auch Nachteile. So verkehrt die S 8 zwischen Wuppertal-Oberbarmen und Hagen nur noch im 20/40-Minutentakt. Die S 5 läuft zwischen Witten und Hagen nur noch im Stundentakt und somit ist der Begriff S-Bahn hier nur noch eine leere Hülle. Zwischen Witten und Dortmund gibt es statt des unzulänglichen 20/40-Minutentaktes jetzt einen sauberen Halbstundentakt mit verlässlichen Anschlüssen Richtung Unna, Soest, Essen, Bochum, Iserlohn und Siegen.

Die S 4 musste aufgrund der Umstellung auf die neuen Triebzüge starke Kapazitätseinbußen hinnehmen. Ein lokbespannter Wagenzug mit vier x-Wagen hat rund dreihundert Sitzplätze, ein einzelner ET 422 hat weniger als zweihundert Sitzplätze. Eine Doppeltraktion ist nicht möglich, weil die Bahnsteige an der Strecke in den 80er Jahren exakt auf die damaligen S-Bahnzüge angepasst wurden.

Mit der Auslieferung aller 84 ET 422 kann zudem das gesamte Netz, mit Ausnahme der Linien S 6 und S 68, auf moderne Triebzüge umgestellt werden. Für diese beiden Linien sind insgesamt dreißig ET 430 vorgesehen, die in den nächsten Jahren ausgeliefert werden sollen. Für diese Züge gibt es allerdings noch Stornierungsoptionen, falls der neue Verkehrsvertrag von übergeordneter Stelle gekippt werden sollte. Der Bundesgerichtshof hat eine Entscheidung für den 8. Februar des kommenden Jahres angekündigt.

Es hätte auch eine andere Option gegeben, bei der die Lieferung der ET 430 möglicherweise hätte storniert werden müssen: DB Regio NRW und Abellio – eine Tochtergesellschaft der niederländischen Staatseisenbahn – hatten sich dem Vernehmen nach auf eine Kompromisslösung geeinigt: Von Dezember 2012 an hätte Abellio die Linien S 5 und S8 als Subunternehmer der DB betrieben. Die dort verwendeten ET 422 wären dann auf S 6 und S 68 eingesetzt worden.

Diese Einigung kam nur deshalb nicht zustande, weil das Bundeskartellamt – mutmaßlich durch einen Whistleblower im VRR – von dem Vorhaben erfahren und ein Bußgeld angedroht hat. Somit ist eine außergerichtliche Einigung unwahrscheinlicher geworden. Spätestens am 8. Februar wird Klarheit herrschen.

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